„Wiederkehrende Straßenbeiträge“

01.07.2019

Stellungnahme des Ortsverbandes Wald-Michelbach zum Antrag der BfW vom 26.01.2013


In dem oa. Antrag beantragen die BfW die Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge in der Gemeinde Wald-Michelbach.

Die Begründungen dazu lauten wie folgt:


"Mit 'Wiederkehrenden Beiträgen' wird sowohl für die betroffenen Bürger als auch für die Gemeinde eine höhere Planungssicherheit erreicht. Außerdem wird für die betroffenen Bürger eine oft überraschende finanzielle Notsituation vermieden."


Beide Begründungen sind nicht stichhaltig. Die BfW legen nicht dar, worin die größere Planungssicherheit bei wiederkehrenden Straßenbeiträgen bestehen soll.

Die Gemeinde Wald-Michelbach hat bei der jahrzehntelangen Erhebung der einmaligen Straßenbeiträge zu jeder Zeit volle Planungssicherheit gehabt.


Was die angeblich "oft überraschend eintretende finanzielle Notsituation" für die Eigentümer angeht, so kommt diese in der Realität so gut wie nicht vor.


Straßenbaumaßnahmen und die daraus resultierenden Heranziehungen zu Anliegerbeiträgen sind kein plötzliches Naturereignis.


Grundstückskäufer, Bauherren oder Hausbesitzer können auf Grund langer Planungszeiten Jahre im voraus erkennen, daß ihre Straße irgendwann grundhaft erneuert oder saniert wird und daß sie zu Anliegerbeiträgen veranlagt werden. Auch die Gemeindeverwaltung erteilt hierzu gern zweckdienliche Auskünfte.


Es ist generell davon auszugehen, daß Eigentümer in der Regel in der Lage sind, rechtzeitig vor Beginn einer Straßenbaumaßnahme eine (Teil) Rücklage zu bilden, bspw. 200 oder 300 Euro mtl., die etwa der Größenordnung entsprächen, die bei wiederkehrenden Beiträgen nach Fertigstellung der Baumaßnahme ohnehin zu leisten wäre.


In einem weiteren BfW-Antrag vom 10.11.14 wird die Behauptung aufgestellt, daß bei Einführung wiederkehrende Straßenbeiträge "der Beitragssatz erheblich auf in der Regel nicht mehr als 100 Euro pro Jahr" sinke. Hier wird suggeriert, daß wiederkehrende Beiträge für Zahlungspflichtige in der Endsumme niedriger seien als Einmalbeiträge. Diese Behauptung ist völlig unrealistisch und grenzt an arglistige Täuschung.


Dagegen ist festzustellen:


  1. Das Gesetz über die wiederkehrenden Straßenbeiträge ist originär für

    Gemeinden gedacht (und dort wohl sinnvoll), die bisher überhaupt keine

    Anliegerbeiträge erhoben haben.

  2. Gemeinden, die bisher Einmalbeiträge erheben, entstehen durch die Systemumstellung deutliche und dauerhafte finanzielle Mehrbelastungen, entweder durch zusätzliches eigenes Verwaltungspersonal oder durch Vergabe an Fremdfirmen.

    Diese zusätzlichen Mehraufwendungen werden hervorgerufen durch die erstmalige Grundeinstufung der Straßen, die Katalogisierung, die laufende Erfassung der Schadenszustände und die daraus zu ermittelnden Kostenfeststellungen. Zudem sind seitens der Verwaltung jährlich neue aktualisierte Beitragsbescheide zu erstellen.

  3. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Kommunen in Hessen schließt sich die FDP Wald-Michelbach dem Standpunkt der FDP Rimbach an und plädiert für einen kompletten Wegfall aller Straßenanliegerbeiträge.

    Allerdings ist die finanzielle Ausgangslage der beiden Gemeinden durchaus unterschiedlich. Eine solche "Ideallösung", nämlich die Streichung der Beiträge, würde unsere Gemeinde vor große Finanzprobleme stellen. Wir befürchten, daß Wald-Michelbach als eine der finanzschwächsten Gemeinden im Kreis nicht in der Lage sein wird, dauerhaft die Finanzmittel zu er wirtschaften, um alle notwendigen Straßenbaumaßnahmen abzuarbeiten, ohne Gemeindesteuern in einem unzumutbaren Umfang anzuheben. Zu beachten ist dabei noch, daß auch wegen der ab 2020 greifenden "Schuldenbremse" höhere Schlüsselzuweisungen vom Land nicht zu erwarten sind.

    In einem Schreiben des Hessischen Innenministeriums an den Ortsverband vom 28.06.2019 wird die Beschlußlage des Landtags bestätigt, daß kommunaler Straßenbau originäre Aufgabe einer Gemeinde ist und daß eine andere Regelung der Kostentragung nicht vorgesehen ist.

    Das bedeutet, daß die Gemeinde die Bürger in jedem Fall an den Straßenbaukosten beteiligen muß, entweder über Anliegerbeiträge oder durch die kommunalen Steuern.

  4. Straßenbaumaßnahmen, die mit wiederkehrenden Beiträgen finanziert werden sollen, bedürfen, da jährlich nur ein kleiner Teil dieser Beiträge er hoben wird, der Zwischenfinanzierung (mit Zinskosten). Diese wird jedoch zu einem Dauerproblem, da in der Regel jährlich bestimmte Straßenerneuerungen anstehen. Infolgedessen muß die Gemeinde dauerhaft Einsparungsmöglichkeiten im Haushalt finden oder andere, ebenfalls wichtige Vorhaben zurückstellen, was als wenig erfolgversprechend erscheint. Als letzte Möglichkeit bliebe folglich die Erhöhung der Grundsteuer und der Grunderwerbssteuer, möglicherweise auch der Gewerbesteuer. Diese Steuern müßten aber, wie schon erwähnt, in einem unverträglich hohen Maß angehoben werden, was einen erheblichen Standortnachteil für unsere ohnehin finanzschwache Gemeinde zur Folge hätte.

    Im übrigen läßt das Papier der BfW jeglichen Hinweis auf die Finanzierungsfragen vermissen, wie das von einem seriösen Antrag zu erwarten wäre.

  5. Das gegenwärtige System der Einmalbeiträge hat sich seit Jahrzehnten bewährt und ist auch immer flexibel genug gewesen, um Härtefälle mit verschiedenen Maßnahmen abzumildern (neuerdings zusätzlich durch die Möglichkeit einer langfristigen Stundung).

  6. Die FDP Wald-Míchelbach lehnt daher die BfW-Anträge vom 26.01.2013 und vom 10.11.2014 zur Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge ab und sieht auch für deren völlige Streichung derzeit keine reelle Chance.

    Die FDP Wald-Michelbach plädiert für die Beibehaltung des bisherigen Systems der Einmalerhebung, ist aber offen für Gespräche über mögliche Verbesserungen oder Korrekturen dieses Verfahrens.