„Beide Systeme sind gleichberechtigt“

29.11.2018

Modell der wiederkehrenden Straßenbeiträge vorgestellt


„Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer“, sagte Alexandra Rauscher, Verwaltungsdirektorin beim Hessischen Städte- und Gemeindebund (Bild), bei der Bürgerversammlung in der Wald-Michelbacher Rudi-Wünzer-Halle. Dieser Leitsatz zog sich durch ihren ganzen Vortrag zum Thema Straßenbeiträge. Deshalb gab sie auch keine Empfehlung oder eine Bewertung ab, ob die aktuell angewandte einmalige Erhebung oder die Einführung von wiederkehrenden Straßenbeiträge die für Bürger und Gemeinde bessere Lösung ist.

Drei Alternativen

Gemeindevertretervorsitzender Nothung Köhler erklärte in seinen Begrüßungsworten, dass sich die gemeindlichen Gremien derzeit intensiv mit dem Thema befassten, übergab dann aber gleich der Referentin das Wort. Sie wies zu Beginn darauf hin, dass die hessische Landesregierung seit diesem Jahr den Kommunen die Möglichkeit gebe, in Sachen Straßenbeiträge zwischen drei Alternativen zu wählen. Die erste sei, ganz auf Straßenbeiträge zu verzichten. Die dadurch fehlenden Einnahmen müssten aber durch die Erhöhung anderer Einnahmen erwirtschaftet werden, was nur durch die Erhöhung der Steuern möglich sei. Hier käme dann vor allem die Grundsteuer in Frage, denn eine hohe Gewerbesteuer berge das Risiko in sich, dass Firmen abwanderten. „Gewerbe kann wegziehen, Grundstücke nicht“, erklärte sie.

Bei einmaligen Straßenbeiträgen gewähre die Landesregierung neuerdings eine auf 20 Jahre angelegte Ratenzahlung mit niedrigen Zinsen. Bisher sei hier nur ein Zeitraum von fünf Jahren möglich gewesen. Das dadurch fehlende Geld müsse auch in diesem Fall über eine Grundsteuererhöhung abgedeckt werden, auch wenn diese nicht in der Größenordnung wie beim Verzicht auf Straßenbeiträge ausfalle, weil ja ein Teil an Einnahmen fließe. „Jedes Geben hat auch ein Nehmen“, machte Rauscher deutlich.

Im Hinblick auf die Einführung von wiederkehrenden Straßenbeiträgen stellte sie heraus, dass die Kosten für die grundhafte Sanierung einer Straße die gleichen seien wie bei einer einmaligen Erhebung und diese in beiden Fällen aufgebracht werden müssten. Das Problem in Hessen sei, dass es derzeit noch kein Gerichtsurteil zu grundsätzlichen Fragen gebe. Das könne bedeuten, dass es für die Kommunen, die auf wiederkehrenden Straßenbeiträge gewechselt seien, noch gravierende Änderungen geben könne.

Das betreffe vor allem die Abrechnungsgebiete. So könne man nicht einfach das ganze Gemeindegebiet als solch einen Bereich festlegen, sondern die Landesregierung lege hier einen räumlichen und funktionalen Zusammenhang zugrunde. Somit könnten Ortsteile oder Ortsbezirke als Abrechnungsgebiete gelten. Für Wald-Michelbach würde dies mindestens zehn Einheiten bedeuten. Und in diesen werde die Gesamtheit aller Verkehrsanlagen und damit alle dortigen Anlieger einbezogen.

Zuschuss vom Land

Positiv sei hier, dass das Land Hessen für jedes Abrechnungsgebiet einen Einführungszuschuss von 20 000 Euro zahle. Dafür komme auf die Verwaltung ein hoher Arbeitsaufwand für die Erfassung aller Daten zu den Grundstücken und den Häusern zu, die dann auch fortwährend gepflegt werden müssten.

Bei diesem Modell müsse auch ein Abrechnungszeitraum beschlossen werden, in dem die Kosten für eine Straßensanierung aufgebracht werden müssten. Dafür könne man eine Dauer von einem bis zu fünf Jahren wählen. Berücksichtigt werden müsse bei der Einführung eine Verschonungsregelung für die Anlieger, die schon einmal einen Straßenbeitrag entrichtet hätten. Dabei müsse für jeden eine Einzelberechnung vorgenommen werden, was ebenfalls ein großer Aufwand sei. Und das dadurch fehlende Geld müsse auf die anderen Anlieger umgelegt werden.

Durch die langfristige Veranlagung hätten die wiederkehrenden Straßenbeiträge den Vorteil, dass eine hohe Einmalbelastung entfalle, dafür aber eine regelmäßige und niedrigere Belastung ins Haus stehe. Die Kosten würden gerechter verteilt, wenn aber Anlieger über einen längeren Zeitraum Beiträge zahlen müssten, ihre Straße aber nicht saniert werde, könne dies zu Unmut führen. Die niedrigeren Beträge könnten zu einer größeren Akzeptanz führen, dafür könnten die Anlieger nun auch jedes Jahr gegen die Beitragsfestlegung klagen, was ein Risiko für die Gemeinde bedeute.

So kam Rauscher zu dem Fazit, dass die wiederkehrenden Straßenbeiträge ein alternatives Instrument für die Finanzierung von grundhaften Straßensanierung seien. „Sie sind nicht besser, sondern anders. Ob eine Einführung sinnvoll oder gerecht ist, ist eine politische Entscheidung“, sagte sie. Sie gebe deshalb auch keine Empfehlung, denn „beide Systeme sind gleichberechtigt“.

Auszug aus der Odenwälder Zeitung